Antragsskizze Ökonomik

                   Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
       Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007


1. Allgemeine Angaben
Antrag auf Gewährung einer Sachbeihilfe

‚Paketantrag’ Marktwirtschaft und Gerechtigkeit


1.1    Antragsteller
Dirk Sauerland, Prof. Dr. rer. pol.


1.2  Thema

Gerechtigkeitsvorstellungen,   politische    Stabilität  und   wirtschaftliche  Entwicklung
– eine theoretische und empirische Analyse


1.3  Fach- und Arbeitsrichtung
Volkswirtschaftslehre, Institutionenökonomik


1.4    Voraussichtliche Gesamtdauer
Das Vorhaben läuft seit Herbst 2005.

Es wird noch nicht von der DFG gefördert.

Es wird noch 2 Jahre laufen. Eine Förderung durch die DFG ist für 24 Monate nötig.


1.5    Antragszeitraum

Oktober 2007 bis September 2009


1.6    Zusammenfassung





                                                   1
                   Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
        Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007


2.    Stand der Forschung, eigene Vorarbeiten


2.1   Stand der Forschung
Das „Paradoxon der marktwirtschaftlichen Ordnung“ liegt darin, dass die Marktwirtschaft zwar
einerseits als effizientes und produktives System zur Versorgung der Bevölkerung mit Gütern
und Dienstleistungen – gerade nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Experimente mit
planwirtschaftlichen Systemen – weithin anerkannt ist, aber andererseits die Ergebnisse und die
Ungleichheiten, die er produziert oder die man ihm als Folgeerscheinungen anlastet, vielfach als
„ungerecht“ empfunden werden. Da das System „Marktwirtschaft“ durch eine Vielzahl von
Spielregeln gekennzeichnet ist, die seine Produktivität ermöglichen und sicherstellen, bezieht
sich das Ungerechtigkeitsempfinden auch auf eben diese Spielregeln, die zum institutionellen
Rahmen    der  Wirtschaftsordnung   gehören.  Die  Untersuchung  solcher  institutionellen
Rahmenbedingungen steht auch im Mittelpunkt der Neuen Institutionenökonomik und ist daher
auch Gegenstand des nachfolgend skizzierten Projekts.

Die Etablierung der Neuen Institutionenökonomik als Standardinstrumentarium innerhalb der
Volkswirtschafts- und der Betriebswirtschaftslehre zeigt, dass sich in der Ökonomik die
Erkenntnis durchgesetzt hat, dass Institutionen wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung eines
Landes sind. Diese Erkenntnis geht im Wesentlichen auf die Arbeit von North (1990) zurück.
Allerdings bezieht sie sich bis dato in erster Linie auf die Bedeutung der formellen Institutionen,
wie z.B. Gesetze und Verträge (Helmke/Levitsky, 2003). Erst jüngst sind die informellen
Institutionen stärker in den Fokus der ökonomischen Untersuchungen gelangt, die – anders als
die formellen – nicht schriftlich fixiert sind. Zu diesem informellen Institutionen gehören etwa die
Kultur  wie   auch  Sitten  und  Gebräuche,   die  zur  Entstehung   von  ‚erfolgreichen’
Verhaltensmustern bei denjenigen Akteuren beitragen, die mit diesen Institutionen konfrontiert
sind (Erlei/Leschke/Sauerland, 2007, S. 560ff.). Letztlich beeinflussen somit auch die informellen
Institutionen die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes. In diesem Zusammenhang rücken
auch kulturell geprägte Erklärungsansätze stärker in das Interesse der ökonomischen
Forschung.1 All diese Fragen beziehen sich im Wesentlichen auf Weiterentwicklungen der
ökonomischen Wachstumstheorie.


1
 Kulturelle Erklärungsansätze können zum Forschungsprogramm einer ‚Kulturellen Ökonomik’ gezählt
werden. Kulturelle Ökonomik versteht sich dabei als ein integrativer sozialwissenschaftlicher Ansatz, der
aber zugleich enge Anknüpfungspunkte zur modernen Institutionenökonomik hat (vgl.
Goldschmidt/Remmele, 2006). Einen Überblick über die möglichen Facetten einer „kulturellen Ökonomik“
bietet der von Gerold Blümle et al. (2004) herausgegebene Sammelband zu den „Perspektiven einer
kulturellen Ökonomik“.
                                                    2
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Ein ebenso aktueller Forschungsansatz im Bereich dieser Wachstumstheorie ist die
Untersuchung des so genannten Sozialkapitals als Determinante der wirtschaftlichen
Entwicklung. Während die theoretische Auseinandersetzung mit dem Begriff des Sozialkapitals
noch viele offene Punkte enthält (Hjerrpe, 2003), gibt es bereits eine Vielzahl von empirischen
Untersuchungen zum Themenbereich ‚Sozialkapital und Wachstum’ (Durlauf/Fafchamps, 2005).

Trotz der zunehmenden Forschungsaktivitäten in den genannten Themen besteht im Bereich
der Institutionenökonomik weiterer Forschungsbedarf zur Analyse der Bedeutung von
informellen Institutionen, insbesondere für die wirtschaftliche Entwicklung – aber auch für die
politische Stabilität eines Landes. Ein weiteres Forschungsdesiderat besteht darin, die
Beziehung von Institutionen und Sozialkapital systematisch zu klären (Nooteboom, 2006)
beziehungsweise zu untersuchen, wie die Konzeption des Sozialkapitals in die theoretischen
Ansätze der Institutionenökonomik integriert werden kann (Sauerland/Oelgart, 2004). Weit
gehend unerforscht ist auch die vorgelagerte, und in diesem Forschungsprojekt zu
untersuchende, Fragestellung nach dem Einfluss von Gerechtigkeitsvorstellungen (in Bezug auf
eine Wirtschaftsordnung) auf die Entstehung und Entwicklung von informellen Institutionen.
Gleiches   gilt  für  die   Untersuchung    der   Transformationswege,    über   die
Gerechtigkeitsvorstellungen   und  informellen   Institutionen  auf  die  die  wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit und politische Stabilität wirken.

Bevor der Gang der Untersuchung im Punkt 3. genauer erläutert wird, soll im Folgenden der
Stand der relevanten Forschung zusammengefasst werden. Dabei werden, dem Problemaufriss
folgend, vier Themenbereiche vorgestellt: (a) die Bedeutung von – formellen und informellen –
Institutionen für die politische Stabilität und die wirtschaftliche Entwicklung, (b) die Bedeutung
des Sozialkapitals für die politische Stabilität und die wirtschaftliche Entwicklung, (c) der
Zusammenhang von Institutionenökonomik und Sozialkapitalforschung sowie (d) die Bedeutung
von Gerechtigkeitsvorstellungen für die Entstehung von informellen Institutionen.




2.1.1 Die Bedeutung von Institutionen für die politische Stabilität und die wirtschaftliche
Entwicklung
Die ‚traditionelle’ Mikro- und Makroökonomik hat im Laufe der zunehmenden Abstrahierung und
Formalisierung ihrer Modelle mehr und mehr den Blick auf den institutionellen Kontext verloren.
In den gängigen Gleichgewichtsmodellen spielen Institutionen des Marktes bestenfalls noch als
implizit „gegebene“ Daten eine Rolle. Als Erklärung, wie Märkte konkret funktionieren finden sie
üblicherweise keine Berücksichtigung. Seit den Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts
                                                   3
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wird jedoch zunehmend erkannt, dass das Forschungsprogramm der Wirtschaftswissenschaften
die institutionelle Bedingtheit wirtschaftlichen (und gesellschaftlichen) Handelns berücksichtigen
muss, um wesentliche ökonomische Phänomene, wie etwa internationale pergierende
Wachstumsraten, erklären zu können.2 Dies gilt insbesondere dann, wenn sie sinnvolle
komparative Bewertungen und politische Empfehlungen geben will. In den letzten 20 Jahren
lässt sich daher gesteigertes Interesse an institutionenökonomischen Fragestellungen
feststellen.  Die  Neue   Institutionenökonomik   (NIÖ)  ist  heute  ein   anerkanntes
            3
Forschungsprogramm.

Die NIÖ4 rückt die systematische Analyse institutioneller Rahmenbedingungen und die
(normative) Frage nach der Gestaltung dieser Rahmenbedingungen in den Mittelpunkt ihrer
Überlegungen. Dabei baut sie auf dem Forschungsprogramm der Neoklassik auf, berücksichtigt
aber etwa Transaktionskosten, die bei der Nutzung des Marktes entstehen (Coase 1937), sowie
opportunistischen Verhalten der Akteure (Williamson 1985), das in der Realität zu vielfältigen
Problemen bei der Gestaltung von Verträgen führt.5 Institutionen werden generell definiert als
soziale Regeln (inklusive ihrer Durchsetzungsmechanismen) durch die das Verhalten von
Inpiduen beeinflusst wird und die das soziale Ergebnis des inpiduellen Handelns
determinieren (Erlei/Leschke/Sauerland 2007, S. 22).

Zentral für das Verständnis von sozialen Regeln und deren Bedeutung für ökonomisches
Handeln ist die Unterscheidung zwischen formellen und informellen Institutionen (vgl. North
1990). Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass wir in der Realität bei
gesellschaftlichen Ordnungen sowohl Elemente geplanter wie auch ungeplanter, d.h.
spontaner Ordnungen beobachten können.6

Ausgehend von dieser Differenzierung, sind formelle Institutionen der Ebene der bewusst
geplanten und gestalteten Regeln zuzuordnen. Sie werden im öffentlichen und privaten
Recht durch den Gesetzgeber kodifiziert und in privaten Vertragsbeziehungen inpiduell
gestaltet.



2
  Die Erklärung sozialer Institutionen gehört heute zu den gemeinsamen Kernaufgaben der
Sozialwissenschaften (vgl. Schmid/Maurer 2003).
3
 Für einen Überblick über das Forschungsprogramm siehe Kasper/Streit (1998); Furubotn/Richter (2005);
Voigt (2002); Erlei/Leschke/Sauerland (2007).
4
 Der Begriff Neue Institutionenökonomik wurde 1975 von Williamson geprägt. Zu ihren Vorläufern siehe
Erlei/Leschke/Sauerland (2007, S. 26ff.).
5
 Üblicherweise unterscheidet man zwischen Anbahnungskosten, Aushandlungskosten und Kontrollkosten
marktlichen Transaktionen. Vgl. zum Überblick Streit (1996, S. 73 ff.).
6
 Vgl. dazu grundlegend Hayek (2003) und siehe auch Vanberg (1994: Kapitel 7).
                                                  4
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Von diesem Punkt lässt sich eine Linie zum ordnungsökonomischen Teilprojekt, welches
sich mit der Frage beschäftigt, welche formellen Regeln einer Gesellschaft (insbesondere
auf der Ebene der Verfassung)im gemeinsamen Interesse der betroffenen Inpiduen sind
(vgl. Buchanan 1984). Im Mittelpunkt der Ordnungsökonomik (als Teil der Neuen
Institutionenökonomik) steht die Analyse und Beurteilung verschiedener formaler, staatlich
gesetzter Regeln und Regelsysteme (Vanberg 1998). Es geht dabei vor allem um die Wahl
von Regeln auf der Ebene grundlegender Prinzipien und Verfahren, der sich der politische
Prozess im Interesse aller Bürger unterwerfen sollte.

Informelle Institutionen werden als ungeschriebene Verhaltensregeln („codes of conduct“)
oder Konventionen verstanden, deren Entstehung nicht auf bewusste Planung zurückgeführt
werden kann. Die Befolgung solcher Regeln ist zwar nicht rechtlich erzwingbar, sie
unterliegen   aber   dennoch  einer  gesellschaftlichen  Sanktionierung  und   sind  somit
keineswegs „freiwillig“ im Sinne bewusst kalkulierter Entscheidungen.

Douglas C. North (1990) hat grundlegend herausgearbeitet, dass der formelle institutionelle
Rahmen einen wesentlichen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes bzw.
einer Region hat.7 Dies lässt sich wie folgt begründen: In der Realität treffen Inpiduen ihre
Entscheidungen fast immer unter Unsicherheit. Sie agieren in einer arbeitsteiligen, komplexen
Welt auf der Basis unvollständigen Wissens. Das sammeln und verarbeiten zusätzlicher
relevanter Informationen zur Reduktion der Unsicherheit ist jedoch mit Transaktionskosten
verbunden.    Solche  Transaktionskosten  entstehen  bei  der  Vertragsanbahnung,    beim
Vertragsabschluss und bei der Vertragsüberwachung (Wallis/North 1986). In einer Welt mit
Transaktionskosten reduzieren insbesondere formelle Institutionen (wie etwa relationale
Verträge) die Komplexität und damit die Unsicherheit von Entscheidungen. Sie vermitteln den
Menschen Anreize, ihre Talente zu ihrem eigenen Vorteil zu nutzen, so dass aber auch ein für
die Gemeinschaft einen positives Ergebnis entsteht.

Die wohlfahrtssteigernde Ausweitung marktlicher Aktivitäten und einer immer stärker werdende
Arbeitsteilung (Spezialisierung) mit dem Ziel, weitere Kooperationsvorteile zu realisieren, führt in
der Gesamtwirtschaft zu steigenden Transaktionskosten. Die wirtschaftliche Entwicklung von
Staaten und Regionen hängt daher entscheidend davon ab, ob es den Menschen gelingt
institutionelle Arrangements zu finden, welche die permanent entstehenden Transaktionskosten
der ökonomischen Aktivitäten senken können. Hierbei spielen sowohl Institutionen im Markt




7
  Vgl. auch Leschke (2003).
                                                   5
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(z.B. organisatorische Innovationen) als auch Institutionen der Marktverfassung (z.B.
Vertragsrecht, Wettbewerbsrecht) eine entscheidende Rolle.8

Dieser zunächst eher theoretisch hergeleitete Zusammenhang zwischen formellen Institutionen
und wirtschaftlicher Entwicklung ist bis heute in einer Vielzahl von empirischen Studien belegt
worden. Dies gilt sowohl für die Entwicklung von Regionen und Staaten als auch für die
Entwicklung von kleineren Organisationen, wie etwa Unternehmen. Einen Überblick über den
Stand der empirischen Forschung geben z.B. Acemoglu/Johnson/Robinson (2005).9

Wesentlich für die Durchführung des institutionenökonomischen Projekts ist die Erkenntnis, dass
neben den formalen Institutionen auch kulturelle Determinanten die wirtschaftliche Entwicklung
beeinflussen (North 1990) und Gerechtigkeitsvorstellungen, als spezifisches kulturelles
Merkmal, länderspezifisch variieren (Kluegel/Mason/Wegener 1995). Allerdings liegen bisher
weder befriedigende theoretische fundierte Modelle vor, die den genannten Sachverhalt
abbilden können noch gibt es entsprechende empirische Untersuchungen.

Ansätze zur systematischen Erforschung des Zusammenhangs von formellen Institutionen und
wirtschaftliche Entwicklung sowie politischer Stabilität findet man etwa bei Helmke/Levitsky
(2003) sowie Sindzingre (2006) und Chen (2006).


2.1.2 Die Bedeutung des Sozialkapitals für die politische Stabilität und die wirtschaftliche
Entwicklung10
Der Begriff des Sozialkapitals ist eng mit den Arbeiten von Bourdieu (1983) und Coleman (1988
und 1990) verbunden. Trotz seiner soziologischen Wurzeln hat er einen breiten Eingang in die
ökonomische Forschung gefunden und wird insbesondere im Bereich der Wachstumstheorie
untersucht. Problematisch ist allerdings, dass es bis heute keine einheitliche Definition des
Sozialkapitalbegriffs gibt.

Der der am häufigsten verwandten Definitionen (Coleman 1990, S. 304; Bourdieu 1983, S.
190f.; Putnam, 1993, S. 167; Paldam/Svendsen 2000, S. 342; Fukuyama 2000, S. 3 und Ostrom




8
  Vgl. Voigt (2002: Kap. 5). Beispielsweise belegt der Economic Freedom Index, den positiven
Zusammenhang zwischen ökonomischen Freiheitsrechten und Wirtschaftswachstum. Zur Frage der
Kausalität von wirtschaftlicher Entwicklung und Demokratie vgl. Sunde (2006).
9
  Vgl. dazu etwa auch Hall/Jones (1999), Aron (2000), Glaeser et al. (2004), Banerjee/Iyer (2005),
Eicher/García-Peñalosa (Hrsg./2006).
10
  Für einen Überblick in das Forschungsfeld vgl. z.B. Dasgupta (1999), Dasgupta/Serageldin (1999),
Lin/Cook/Burt (2001), Field (2003),
                                                 6
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2000, S 176) besteht darin, dass sie dem Sozialkapital eine produktive Wirkung unterstellen.11
Damit lässt sich die Arbeitshypothese der Sozialkapitalforschung wie folgt beschreiben: Das
vorhandene Sozialkapital determiniert die Möglichkeiten der produktiven Kooperation von
Inpiduen innerhalb sozialer Strukturen. Darüber hinaus finden sich in den genannten Definition
wiederholt die Begriffe Vertrauen, Werte, Normen, Gruppen, Netzwerke, Verhaltensmuster und
(informelle) Regeln. Diese erleichtern die Realisation vorteilhafter Kooperationsmöglichkeiten in
einer Gruppe, indem sie das Verhalten potentieller Kooperationspartner besser antizipierbar und
damit verlässlicher macht. Hierdurch wird die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Gruppe erhöht.

Traditionen zivilen Engagements, Wahlbeteiligung, aktive Gemeindegruppen und andere
Elemente des Sozialkapitals sind aus dieser Perspektive notwendige Bedingungen für
erfolgreiche regionale und kommunale Regierungsleistung, die letztlich über die Bereitstellung
eines effizienten Ordnungsrahmens Wachstum und Entwicklung fördern sowie die Stabilität des
(demokratischen) politischen Systems erhöhen (Putnam 1993). Sozialkapital wird beispielsweise
aber auch mit der Entwicklung und dem Engagement auf Finanzmärkten in Verbindung gebracht
(Guiso/Sapienza/Zingales 2001; Hong/Kubik/Stein 2001). Gleichzeitig wird das Fehlen von
Vertrauen  und  Sozialkapital  für  die  Beständigkeit   struktureller  Entwicklungsdefizite
verantwortlich gemacht (Skidmore 2001).



Ökonomische Ansätze der Sozialkapitalforschung, die das Sozialkapital als Determinanten der
Leistungsfähigkeit von Organisationen (z.B. von Unternehmen) oder der wirtschaftlichen
Entwicklung von Ländern und Regionen untersuchen, setzen den neuen Begriff des
Sozialkapitals oftmals gleichberechtigt neben die bereits etablierten Kapitalgrößen „Sachkapital“
und „Humankapital“ zu ergänzen.12

Obwohl der Begriff des Sozialkapitals bis dato nicht einheitlich definiert ist, gibt es eine Vielzahl
an empirischen Untersuchungen, die den Einfluss dieser Kapitalgröße auf (a) die
Leistungsfähigkeit von Organisationen, (b) die wirtschaftliche Entwicklung von Regionen und
Ländern und (c) die Stabilität des politischen Systems analysieren. In dieser empirischen
Forschung  haben sich zwei grundlegende Ansätze         zur  Messung   von Sozialkapital
herausgebildet. Diese verwenden den Begriff des ‚Vertrauens’ als Proxy für das Sozialkapital


11
  Einen guten Überblick über die verschiedenen Definitionen des Begriffs ‚Sozialkapital’ findet man bei
Knowles (2005) und bei Oelgart (2006, 12).
12
  Vgl. Glaeser/Laibson/Sacerdote (2000) und Zak/Knack (2001). Für eine Bestandsaufnahme der
ökonomischen Forschung im Bereich des Sozialkapitals vgl. Dasgupta (1999), Sauerland (2003) und
Oelgart (2006: Kapitel 2).
                                                   7
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und betrachten entweder die Kooperationshäufigkeit in einer Gruppe oder das Vertrauen selbst.
13



Die Kooperationshäufigkeit wird auf zwei Arten erhoben. Zum einen werden
Kooperationshäufigkeiten in experimentellen Gefangenendilemma-Spielsituationen gemessen.
Zum anderen kann über die einfache Zählung die relative Dichte von Netzwerken und
freiwilligen Organisationen in einer bestimmten Region ermitteln (Putnam 1993). Darüber hinaus
gibt es im Bereich der so genannten Putnam-Indikatoren (Gruppenzugehörigkeit) eine
Unterscheidung in Putnam-Gruppen und Olson-Gruppen bzw. Bridging- und Bonding-Effekten14
im Bereich des Sozialkapitals: Während erstgenannte positive Effekte auf die ökonomische
Performance hervorrufen, stellen Letztere eher die „dunkle Seite“ des Sozialkapitals dar, da sie
über eine interne Abschottung der Gruppen die Kooperationsmöglichkeiten in der
Gesamtgesellschaft einschränken.
Auch die Vertrauenstiefe wird auf zwei Arten gemessen. Einerseits können durch Befragungen
unterschiede zwischen Vertrauen aufgedeckt werden. Internationale Untersuchungen, wie der
World Values Survey, ermöglichen auf diese Weise Ländervergleiche des Sozialkapitalbestands
durchzuführen.15 Andererseits kann auch das Vertrauen durch Zählung ermittelt werden.
Fukuyama schlägt hierzu vor, die Kriminalitätsrate bzw. Korruptionsrate einer Region
heranzuziehen, um über diese Variable letztlich fehlendes Vertrauen zu messen.16

Sozialkapital kann in unterschiedlich großen Gruppen wirken.17 Auf der Mikro-Ebene wird die
produktive Wirkung in Kleingruppen wie etwa Vereinen, Gemeinden und Unternehmen
untersucht. Die bisherigen empirischen Befunde zeigen überwiegend positive Effekte des
Sozialkapitals für diese Gruppengröße.
Analysiert man den Sozialkapitalbestand auf der Meso-Ebene, also in größeren Kollektiven wie
etwa Regionen oder vertikalen Unternehmenszusammenschlüssen, zeigt sich zwar die
produktivitätssteigernde Wirkung für einzelne Gruppenmitglieder, für die Kooperation über die
Gruppengrenzen hinweg sind die Befunde aber ambivalent: Die Interaktionen mit anderen
Gruppen kann entweder durch das Sozialkapital gefördert oder behindert werden.



13
  Für einen Überblick vgl. Sauerland (2003).
14
  Vgl. dazu etwa Coffé/Geys (2006).
15
  Vgl. World Values Survey (2003).
16
  Die Korruptionsraten in unterschiedlichen Ländern werden regelmäßig von Transparancy International
veröffentlicht. Vgl. etwa Transparancy International (2003).
17
   Diese Einteilung scheint generell anschlussfähig an den Befund der empirischen
Gerechtigkeitsforschung, dass Menschen ihre Gerechtigkeitsurteile auf unterschiedliche (implizite)
Prinzipien stützen, die sich auf jeweils unterschiedliche Gültigkeitsdomänen beziehen (vgl. Mikula 2002).
                                                    8
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Ebenso widersprüchlich sind die bisherigen Ergebnisse über die Wirkung von Sozialkapital auf
der Makro-Ebene, die beispielsweise Staaten vergleicht. Je nach Gestaltung des politischen und
sozialen Umfelds in sehr großen Kollektiven wird die Entstehung von Vertrauen und
produktivitätssteigernden informellen Regeln gefördert oder behindert.

Querschnittsanalysen zur Bedeutung von Sozialkapital wurden u.a. von Knack/Keefer (1995,
1997), Knack 1999 und Zak/Knack 2001 durchgeführt. In einem internationalen Vergleich
untersuchten sie den direkten Zusammenhang zwischen Sozialkapital, Investitionen und
ökonomischen Wachstum. Sie verwendeten dabei sowohl die Mitgliedschaft in freiwilligen
Organisationen als Proxy-Variable für Sozialkapital als auch das allgemeines Vertrauen,
ermittelt aus der Datenbank der World Values Surveys. Die angeführten Analysen kommen zu
dem Ergebnis, dass das allgemeine Vertrauen eine wesentlich stabilere Erklärungsvariable für
das wirtschaftliche Wachstum und die Investitionsquote eines Landes darstellt, als die von
Putnam präferierten Gruppenmitgliedschaften (vgl. auch La Porta et al 1996,
Granato/Inglehart/Leblang 1996, Whiteley 2000).18

Neuere quantitative Studien mit OECD Ländern zeigen den bereits oben beschriebenen
ambivalenten Charakter der empirischen Sozialkapitalforschung. Einige Studien kommen zu
dem Ergebnis, dass Vertrauens bejahende Einstellungsmuster innerhalb einer Gesellschaft
keine  konsistenten   oder  starken  Effekte  auf  Politikgestaltung  (Deth  2000)  und
Wirtschaftswachstum   (Kunz  2000:  216)  aufweisen.   Andere  quantitative  Studien  mit
Entwicklungs- und OECD-Ländern bestätigen hingegen den vermuteten Zusammenhang
zwischen Sozialkapital und wirtschaftlichen Wachstum (Knack/Keefer 1997; Whiteley 1997).
Faust und Marx leiten aus diesen Ergebnissen einen abnehmenden Grenznutzen bei der
Ausstattung einer Gesellschaft mit Vertrauen und Sozialkapital ab. Je höher die Ausstattung
einer Gesellschaft mit Sozialkapital ist (OECD Länder), desto geringer wird dessen Bedeutung
für die wirtschaftliche Entwicklung, während ein mehr an Sozialkapital in Entwicklungsländern
einen überproportional starken Effekt an wirtschaftlichen Wachstum bewirkt.

Weiterhin fanden quantitative Studien einen negativen Einfluss einer hohen Anzahl
wirtschaftsnaher Freiwilligenorganisationen auf das gesamtwirtschaftliche Wachstum (Weede
1996; Kunz 2000). Der bereits von Mancur Olson (1962, 1982) formulierte Befund über den
gesamtwirtschaftlich schädlichen Einfluss von Verteilungskoalitionen wird hierdurch gestützt.


18
  Helliwell 1996 hingegen konnte für ein Sample asiatischer Länder zeigen, dass kein positiver
Zusammenhang zwischen Vertrauen und wirtschaftlicher Entwicklung besteht. Hier sei primär die
Offenheit der Märkte für die Entwicklungsunterschiede verantwortlich (Helliwell 1996: 16f.). Knack (1999)


                                                    9
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Zudem konnte anhand einer Analyse der Daten des World Value Survey gezeigt werden, dass
zwischen der Mitgliedschaft in zivilgesellschaftlichen Organisationen und der
gesamtwirtschaftlichen Performanz, gemessen an der Investitionstätigkeit und am
Wirtschaftswachstum kein eindeutiger Zusammenhang besteht (Knack/Keefer 1997). Auch eine
Unterscheidung zwischen eher wirtschaftsnahen Organisationen einerseits sowie
wirtschaftsfernen gesellschaftlichen Organisationen lieferte keine eindeutigen Zusammenhänge
hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Performanz (Knack /Keefer 1997: 21). Deutlich wird
somit, dass diese Ergebnisse mit der ursprünglichen Hypothese Putnams (1995) kontrastieren,
der zu Folge ein eindeutig positiver Zusammenhang zwischen dem Engagement in
Freiwilligenorganisationen und dem Grad an Vertrauen und Sozialkapital postuliert wird (Knack
/Keefer 1997: 30).

Fasst man die bisherigen Ergebnisse zusammen, so ergibt sich ein relativ kritisches Bild: Weder
liegt der Sozialkapitalforschung bisher eine einheitliche Definition zugrunde, noch existieren
unumstrittene Messkonzepte.19

Außerdem spricht die empirische Evidenz gegen eine eindeutig positive Wirkung des – in den
genannten Formen gemessenen – Sozialkapitals auf die wirtschaftliche Entwicklung (Hjerppe
2003). Gute (kritische) Überblicke über die Ergebnisse der empirischen Sozialkapitalforschung –
als Determinante der wirtschaftlichen Entwicklung – liefern etwa Beugelsdijk/Smulders (2004),
beim Durlauf/Fafchamps (2005), Sabatini (2005a) und (2005b) sowie Coffé/Geys (2006).

Die Frage der politischen Stabilität im Zusammenhang mit dem Sozialkapital wird z.B. (kritisch)
diskutiert und empirisch untersucht bei Cusack (1997), Uslaner (1999), Newton (2002), Freitag
(2003) sowie Coffé/Geys (2005). Die Ergebnisse dieser Arbeiten bestätigen weit gehend die
Vermutung, dass das Sozialkapital (genauer: das Vertrauen innerhalb der Bevölkerung in die
politischen Institutionen) die Stabilität des politischen Systems erhöht (Pharr/Putnam,
Hrsg./2000).20


2.1.3 Der Zusammenhang von Institutionenökonomik und Sozialkapitalforschung
Für   die   Verwendung   des   Sozialkapitalansatzes    im  hier   beschriebenen
institutionenökonomischen Teilprojekt ist es notwendig, den Zusammenhang dieser Begriffe im
allgemeinen ökonomischen Ansatz zu klären, um so Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu


verweist allerdings darauf, dass die nicht signifikante Beziehung auf ein unausgewogenes Datensample
zurückzuführen ist.
19
  Vgl. dazu auch Sauerland/Oelgart (2004).
20
  Vgl. dazu auch grundlegend Putnam (1993).
                                                 10
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       Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007
bestehenden ökonomischen Forschungsbreichen erkennen zu können. Neben der bereits
etablierten Humankapitaltheorie sind dies insbesondere die experimentelle Ökonomik21 und
eben die Neue Institutionenökonomik, die sich u.a. mit den Voraussetzungen für vorteilhafte
Kooperationsbeziehungen beschäftigen.

Da die Begriffe ‚Sozialkapital’, ‚Vertrauen’ und ‚Institutionen’ in ihren Wirkungen recht ähnlich
sind, gibt es häufig eine nahe liegende Begriffsverwirrung. Ebenso nahe liegend gibt es erste
Versuche, diese Begrifflichkeit systematisch voneinander abzugrenzen und ihre Beziehung
zueinander zu verdeutlichen (z.B. Nooteboom, 2006). Eine Möglichkeit, das Zusammenspiel von
Institutionen, Sozialkapital, Verhaltensmuster und Vertrauen zu beschreiben, lässt sich –
aufbauend auf Sauerland (1998a), (1998b) und (2003b) sowie Sauerland/Oelgart (2004) wie
folgt beschreiben:

Im allgemeinen ökonomischen Ansatz versuchen die Akteure unter den für sie gegebenen
(institutionellen) Restriktionen, ihren Nutzen zu maximieren; sie berücksichtigen dabei ihre
Präferenzen, zu denen auch die so genannten sozialen Präferenzen gehören.22 Informelle
Regeln sind – wie formelle Regeln – institutionelle Restriktionen, die den Handlungsraum der
Akteure beschränken. Ein solcher Regelrahmen gilt typischerweise für eine Gruppe von
Inpiduen, wie etwa Familien, Vereine oder Religionsgemeinschaften. Im wiederholten Umgang
mit diesem Regelrahmen entwickeln die Inpiduen erfolgreiche Strategien (Verhaltensmuster),
die ihnen das nutzenmaximierende Verhalten erleichtern. Diese Verhaltensmuster machen das
inpiduelle Verhalten für potentielle Kooperationspartner, die ähnlichen Verhaltensmustern
folgen oder die Verhaltensmuster ihrer potentiellen Partner kennen, besser antizipierbar.
Gemeinsam angewandte Regeln bzw. die dabei entstehenden Verhaltensmuster schaffen die
Grundlage einer sicheren Erwartungsbildung und helfen Transaktionskosten (in Form von
Informations- und Überwachungskosten) einzusparen (Heiner, 1990). In dem Maße wie die
Erwartungsbildung erleichtert wird und die Unsicherheit in Bezug auf das Verhalten potentieller
Transaktionspartner   sinkt,  ersetzt  das   entstehende    Vertrauen   teure   formelle
Absicherungsmechanismen. Kooperationsvorteile können (besser) realisiert werden. Damit
stiftet die Mitgliedschaft in einer Gruppe – etwa in einem Verein, der einem bestimmten Zweck
dient – für die jeweiligen Gruppenmitglieder einen Nutzen, der über den Nutzen des
unmittelbaren Zwecks der Gruppe hinausgeht.



21
 Vgl. z.B. Fehr/Schmidt (2005).
22
  Das Konzept der sozialen Präferenzen unterstellt, dass für nutzenmaximierende Inpiduen auch
Kriterien wie Fairness und Reziprozität, Intentionalität, Neid oder Altruismus eine Bedeutung haben. Vgl.
zu einer Anwendung im Bereich der experimentellen Ökonomik Erlei/Leschke/Sauerland (2007, S. 183ff.)
                                                   11
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Ergänzend zur beschriebenen Logik muss berücksichtigt werden, dass beobachtete,
tatsächliche Verhaltensmuster nicht ausschließlich das Produkt institutioneller Arrangements
sind. Wie die Sozialpsychologie sowohl theoretisch als auch experimentell zeigt, resultiert
inpiduelles Verhalten zu einem großen Teil aus den Präferenzen einer Person bzw. aus seinen
positiven Einstellungen zum Verhalten (vgl. Eagly/Chaiken, 1998, S. 155 ff.).23 Verhalten, das
aus einer bestimmten Einstellung resultiert, gewinnt insbesondere dann an Bedeutung, wenn die
formellen  und   informellen  Institutionen  ihre  Funktionsfähigkeit   eingebüßt   haben
(Substitutionsfunktion). Zudem müssen die Verhaltensmuster – insbesondere mit dem formellen
– institutionellen Handlungsraum kompatibel sein, damit sich der durch das Institutionengefüge
erwünschte Verhaltenseffekt auch tatsächlich einstellt (Komplementärfunktion).


                        Regeln


            formell                     informell



                    determinieren Größe des
                  inpiduellen Handlungsraums




               Größe des inpiduellen Handlungsraums
               determiniert die Entscheidungsunsicherheit




               Reduktion der Entscheidungsunsicherheit
            durch Herausbildung erfolgreicher Verhaltensmuster


Abbildung 1: Regeln, Verhaltensmuster und Sozialkapital

Im Sinne dieser breiten Definition untersucht die Sozialkapitalforschung die Wirkung informeller
Institutionen, d.h. einen Teilaspekt der allgemeinen Institutionenökonomik, Sozialkapital besteht
in dieser Interpretation aus informellen Regeln (Normen und Werten), die von den Mitgliedern
einer (unterschiedlich großen) Gruppe von Inpiduen geteilt werden. Die Anwendung der


23
  Solche Einstellungen werden im Allgemeinen als bewertete Überzeugungen aufgefasst (vgl.
Fishbein/Ajzen, 1975, S. 29). Zwar besitzen sie, vergleichbar mit dem ökonomischen Verständnis von
Institutionen, Regelcharakter, jedoch ist ihre Befolgung nicht (extern) sanktionierbar. Vgl. zur Bedeutung
der Psychologie für die Ökonomik auch Frey/Benz (2001).
                                                    12
                  Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
       Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007
Regeln ruft antizipierbare Verhaltensmuster hervor24 und schafft damit Vertrauen der
Gruppenmitglieder untereinander und bringt es Erwartungssicherheit über das Verhalten
anderer Gesellschaftsmitglieder hervor (Coleman 1990: 301ff.).25 Abbildung 1 verdeutlicht diese
Zusammenhänge.26

In der obigen Definition stellt das inpiduelle Sozialkapital einen komplementären Faktor zum
gesellschaftlichen Institutionensystem dar. Fehlt das passende Sozialkapital, so können
potentiellen Kooperationsvorteile aus der Anwendung des institutionellen Gefüges nicht realisiert
werden. Beispiele für das Fehlen eines passenden Sozialkapitals bzw. für eine Nicht-
Kompatibilität von Sozialkapital und (insbesondere formellem) Institutionengefüge lassen sich
sowohl auf der gesamtwirtschaftlichen aber auch auf der betrieblichen Ebene finden.


                         Produktives
                          Kapital




         Sachkapital    Humankapital     Sozialkapital    Institutionen-
                                         system




                   technisches      soziales
                  Humankapital     Humankapital




          „technische Produktivität“         „soziale Produktivität“



Abbildung 2: Formen produktiven Kapitals

So wurden in vielen      postsozialistischen Transformationsländern formelle Institutionen
geschaffen, die denen in etablierten Marktwirtschaften ähnelten. Allein die Implementierung
eines formellen westlichen Institutionenrahmens reichte aber nicht aus, um unmittelbar auch
Impulse in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit herbeizuführen, weil sich die Verhaltensmuster
der Menschen als relativ stabil im Bezug auf kulturelle (sozialistische) Muster erwiesen (vgl.
Goldschmidt/Zweynert 2006). Ähnliches gilt im Bereich von Unternehmenszusammenschlüssen,
bei denen oft die erhofften Synergiepotentiale nicht realisiert werden können, weil die Kulturen


24
  Ähnlich Fukuyama (1995), der Sozialkapital als angewandte informelle Regeln interpretiert.
25
  Vgl. zu einer ähnlichen Charakterisierung Durlauf/Fafchamps (2005), S. 5.
26
  Vgl. dazu Erlei/Leschke/Sauerland (2007, S. 550).
                                                13
                  Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
       Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007
der beteiligten Unternehmen nicht kompatibel sind. Auch hier führt die fehlende Kompatibilität zu
unproduktiven Reibungsverluste.27 Die komplementäre Rolle des Sozialkapitals wird in
Abbildung 2 nochmals verdeutlicht.28




2.1.4 Die Bedeutung von Gerechtigkeitsvorstellungen für die Entstehung von informellen
Institutionen

Märkte als Koordinationsmechanismen wirtschaftlicher Aktivitäten werden typischerweise durch
ein Set von formellen Regeln (wie die bereits erwähnten Wettbewerbsgesetze) gestaltet.
Relevant für das tatsächliche Funktionieren und damit das von den Märkten hervorgebrachte
Ergebnis (im Sinne von Güterversorgung und Wohlstand) sind neben diesen formellen
Spielregeln aber insbesondere auch die Verhaltensmuster der in den Märkten tätigen und vom
Marktergebnis betroffenen Akteure.

Diese Verhaltensmuster, die sich als adäquate Reaktionen im Umgang mit wiederkehrenden
Problemsituationen   herausbilden,   werden   auch  von  den  hier  zu  untersuchenden
Gerechtigkeitsvorstellungen beeinflusst. Ähnlich wie beim Sozialkapital erläutert kann auch hier
vermutet werden, dass das produktive Potential der formellen Institutionen nur dann
ausgeschöpft    werden    kann,   wenn    dieses    Institutionensystem    zu   den
Gerechtigkeitsvorstellungen der betroffenen Akteure (und ihren Verhaltensmustern) kompatibel
ist.

Die methodische Frage, an welcher Stelle die Gerechtigkeitsvorstellungen in Bezug auf eine
Wirtschaftsordnung im ökonomischen Ansatz verortet werden, ist noch nicht geklärt (Oelgart,
2006). Einerseits besteht die Möglichkeit, Gerechtigkeitsvorstellungen – wie in der bestehenden
Theorie der sozialen Präferenzen – als Präferenz zu modellieren. Soziale Präferenzen
berücksichtigen die Tatsache, dass Inpiduen nicht allein eigennutzorientiert handeln, sondern
beispielsweise auch    eine Präferenz für    eine gerechte Einkommensverteilung       haben
(Fehr/Schmidt, 1999) und damit auch das Wohl der anderen Bevölkerungsmitglieder
berücksichtigen. Eine analoge Modellbildung von Präferenzen für eine bestimmte, als gerecht
empfundene Wirtschaftsordnung gibt es – nach aktuellem Wissensstand – nicht.



27
  Gerade wenn man die zur langfristigen Ansicherung kollektiver Ordnungen erforderlichen Institutionen
und die Bedeutung des Sozialkapitals für die Erhaltung der Marktwirtschaft betont (vgl. Teubal/Zuscovitch
1994, S. 15ff.), muss man anerkennen, dass Gesellschaftliche Institutionen auch entwickelt werden, um
auf fehlende private Anreize zur Kooperation zu reagieren.
28
  Vgl. dazu auch Erlei/Leschke/Sauerland (2007, S. 562).
                                                   14
                  Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
       Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007
Gerechtigkeitsvorstellungen können in ökonomischen Ansatz aber auch zu den informellen
Institutionen, und damit zu den Restriktionen gezählt werden, die neben formellen Regeln und
anderen informellen Regeln das Verhalten der sie anwendenden Inpiduen kanalisieren.29

Ob eine (Wirtschafts-)Ordnung und das sie kennzeichnende formelle Institutionensystem als
gerecht empfunden wird, hat wichtige Implikationen für das Verhalten der Bürger. So haben
wohlfahrtsstaatliche Institutionen Einfluss auf verschiedene Aspekte der Gesellschaft. Erstens
determinieren sie die vorhandene Zeit für soziale Interaktionen und bürgerliches Engagement.
Zweitens fördern bestimmte institutionelle Konstellationen die Mitgliedschaft in gemeinnützigen
Verbänden.   Dritten  beeinflussen sie auch jene Werte und Einstellungen,          die den
zivilgesellschaftlichen Geist eines Landes. Die Struktur und Politik von Wohlfahrtsstaaten
spiegelt Werte wie Unparteilichkeit, Gerechtigkeit und Gleichheit wider, was wiederum Einfluss
auf die sozialen Beziehungen zwischen Menschen hat. (Stolle/Rothstein 2004: 271f.).30 Stolle
und Rothstein (2004) zeigen auch, dass die Erfahrungen im Umgang mit unparteiischen und
gerechten politischen Institutionen wichtig für die Entwicklung von Vertrauen, also Sozialkapital,
sind. Die Rolle dieser prozeduralen Gerechtigkeit für die Legitimität von staatlichen Institutionen
wurde auch in vergleichender historischer Forschung demonstriert (Levi 1998; Rothstein 1998).

Offen in der bis dato bekannten Literatur bleibt die Frage, wie Menschen in ihrer Rolle als
Konsumente und Produzenten auf eine als ungerecht empfundene Wirtschaftsordnung
reagieren. Dazu gehört auch die Frage, ob und wie sich als Alternative zu den ungerecht
empfundenen formellen Institutionen informelle Institutionen herausbilden und wie sich diese –
im Rückbezug auf die in Punkt 2.1.1 skizzierten Wirkungszusammenhänge – auf die politische
Stabilität und die wirtschaftliche Entwicklung auswirken. Dementsprechend fehlen auch
empirische Analysen dieser Wirkungsbeziehungen in Längs- und Querschnittsuntersuchungen
(cross country).




29
  Vgl. Kasper/Streit (1998, S. 78). Explizit sind Gerechtigkeitsvorstellungen bisher nicht zum Gegenstand
der Neuen Institutionenökonomik zu zählen, vgl. Furubotn/Richter (2005); Erlei/Leschke/Sauerland
(2007).
30
  Der kausale Zusammenhang zwischen der Beziehung von staatlichen Institutionen und sozialen
Einstellungen ist umstritten. Während einige Autoren behaupten, dass die sozialen die politischen
Vertrauensformen beeinflussen (Lipset/Schneider 1983; Newton/Norris 2000; Putnam 1993), folgern
andere genau das Gegenteil (Brehm/Rahn 1997; Rothstein 2001; Sides 1999).
                                                    15
                   Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
       Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007
2.2  Eigene Vorarbeiten / Arbeitsbericht


2.2.1 Die Bedeutung von formellen und informellen Institutionen für die politische
Stabilität und die wirtschaftliche Entwicklung
Erste Vorarbeiten in diesem Bereich entstanden bei der Beschäftigung mit Fragen der
Transformation   sozialistischer   Planwirtschaften   in  demokratischen  Marktwirtschaften
(Leschke/Sauerland 1993) sowie bei der Analyse überall organisierter politischer Systeme aus
dem Blickwinkel der Institutionenökonomik (Sauerland 1996). Beide Arbeiten hatten im
Wesentlichen die formellen Institutionen im Fokus der Analyse. Die informellen Institutionen
(insbesondere die Kulturen) rückten gegen den Mittelpunkt des Interesses, als es um die Frage
ging, warum die Leistungsfähigkeit von Ländern sehr unterschiedlich sein kann, obwohl der
formelle Institutionen rahmen relativ ähnlich ist. Diese Überlegungen wurden übertragen auf die
Frage der Leistungsfähigkeit von Organisationen (Sauerland, 1998b). Im weiteren Verlauf der
eigenen Arbeiten wurde die Analyse auf das Sozialkapital erweitert.


2.2.2 Die Bedeutung des Sozialkapitals für die politische Stabilität und die wirtschaftliche
Entwicklung

Die Beschäftigung mit der Thematik des Sozialkapitals geht zurück auf Sauerland (1996), wo im
Rahmen der Analyse föderal organisierter Staaten die Kosten des Exit näher analysiert wurden.
Bei der Beschäftigung mit Gary Beckers ökonomischem Imperialismus ergab sich die Frage, um
welche Art von Vermögensbestand es sich beim Sozialkapital handelt. Hier wurde die
Unterscheidung zwischen einem inpiduellen Vermögensbestand (in Form erfolgreicher
Verhaltensmuster) und einen kollektiven Vermögensbestand (in Form eines – formellen –
Institutionensystems) erarbeitet. Die steigende Popularität des Sozialkapitals in ökonomischen
Analysen in Verbindung der wenig klaren Konzeption dieses Begriffs führte zu weiteren
Arbeiten, die sich insbesondere mit der Frage beschäftigten, was die Sozialkapitalforschung von
den ‚ normalen’ Ansätzen der Neuen Institutionenökonomik unterscheidet (Sauerland 2003
sowie Sauerland/Oelgart 2004).


2.2.3 Der Zusammenhang von Institutionenökonomik und Sozialkapitalforschung

Die eigenen Vorarbeiten zur Abgrenzung bzw. Integration des Sozialkapitals von der bzw. in die
Institutionenökonomik sind bereits im Abschnitt 2.1.3 beschrieben worden. Sie gehen zurück auf
die Frage der Bedeutung von formellen und informellen Institutionen für die wirtschaftliche
Entwicklung, ursprünglich analysiert im Rahmen der Transformation der mittel- und
osteuropäischen Länder (Leschke/Sauerland, 1993). Daraus abgeleitet wird sich die Frage, wie
                                                 16
                 Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
       Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007
die Kultur auf die Leistungsfähigkeit einer Organisation wirkt Sauerland (1998a). Der Bezug zum
Sozialkapital folgte, als es um die Klärung der Frage ging, ob das Sozialkapital ein inpidueller
oder ein kollektiver Vermögensgegenstand ist (Sauerland, 1998b). Weitere Arbeiten zur
expliziten Abgrenzung des Sozialkapitals von – insbesondere – informellen Institutionen und
Verhaltensmustern folgten (Sauerland, 2003b sowie Sauerland/Oelgart, 2004). Einen Überblick
über diese Arbeiten findet sich auch in Erlei/Leschke/Sauerland (2007, insbes. S. 547ff.).




                                                17
                      Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
        Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007


3.   Ziele und Arbeitsprogramm


3.1  Ziele
Für die Zukunftsfähigkeit und politische Tragfähigkeit marktwirtschaftlicher Ordnungen stellt das
„Paradoxon der marktwirtschaftlichen Ordnung“ eine weitreichende Herausforderung dar. Um
Vorschläge dafür machen zu können, wie ein demokratisches Gemeinwesen mit dieser
Herausforderung umgehen kann, bedarf es nicht nur einer Untersuchung der verschiedenen
Ursachen, die diesem Paradoxon zugrunde liegen. Vielmehr bedarf es auch einer Analyse der
Auswirkungen, die eine als nicht gerecht empfundene Wirtschaftsordnung auf das Verhalten der
(ökonomischen) Akteure hat. Denn nur auf Basis der Ursachen- und Wirkungsanalyse kann
dieses zentrale Problem demokratischer Marktgesellschaften diskutiert und für die öffentliche
Debatte fruchtbar gemacht werden. Die Forschergruppe insgesamt zielt damit darauf ab, Lern-
und Entwicklungsbedingungen hinsichtlich des Verhältnisses von Markt und Gerechtigkeit
einerseits bei den einzelnen Akteuren und andererseits in den Verfahrenstrukturen zu erhellen.

Im  Mittelpunkt    des  hier  skizzierten   institutionenökonomischen    Projekts   stehen  die
Arbeitshypothesen, dass Gerechtigkeitsvorstellungen bzw. die daraus entstehende Bewertung
einer Wirtschaftsordnung sich (a) insbesondere in informellen Institutionen niederschlagen und
(b) über diesen Transmissionsweg die wirtschaftliche Entwicklung und politische Stabilität eines
Landes beeinflussen.

Die Analyse im Rahmen des institutionenökonomischen Teilprojekts erfolgt unter Verwendung
des ökonomischen Ansatzes zur Erklärung menschlichen Verhaltens (Becker, 1993). Dieser
unterstellt, dass menschliches Verhalten aus dem Zusammenspiel von Präferenzen und
Restriktionen zu erklären ist. Dabei werden Veränderungen des Verhaltens (in der kurzen und
mittleren   Frist)  immer    auf   Veränderungen    in  den   Restriktionen    zurückgeführt
(Erlei/Leschke/Sauerland, 2007, S. 50ff.). Für die Fragestellung nach dem Zusammenhang von
Marktwirtschaft und Gerechtigkeitsvorstellungen bietet es sich an, eine Präferenz der Bürger für
eine bestimmte Gesellschaftsordnung (Wirtschaftsordnung) zu unterstellen. Plausibel ist dabei
die Annahme, dass die Bürger eine Präferenz dafür haben, ihr Leben in einer – als von ihnen –
gerecht    empfundener      Gesellschaftsordnung     zu   verbringen.   Das    Ziel  des
institutionenökonomischen Teilprojekts besteht nun darin, aufzuzeigen, wie die betroffenen
Akteure   (i.e.L.   Nachfrager,    Anbieter,  aber  auch   Politiker)  reagieren,   wenn  die
Wirtschaftsordnung von ihnen als ungerecht empfunden wird. Darüber hinaus gilt es
aufzuzeigen, wie sich das Verhalten der unzufriedenen Bevölkerung(steile) auf die Stabilität des
politischen Systems und auf die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft auswirkt. Im Rahmen dieser
                                                       18
                  Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
        Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007
Untersuchung sind sowohl theoretische als auch empirische Analysen durchzuführen. Aus der
nachfolgend skizzierten Argumentationslogik können die relevanten theoretischen und
empirischen Arbeitspakete abgeleitet werden:

Die Wirtschaftsordnung „Marktwirtschaft“ ist durch bestimmte Spielregeln gekennzeichnet, die
sich  auch    in  einem   formellen   Regelnrahmen     (z.B.  Wettbewerbsgesetze,
Verbraucherschutzgesetze) niederschlagen. Diese Spielregeln dienen dazu, potentielle
Kooperationsvorteile aus der Interaktion von Anbietern und Nachfragern zu realisieren. Das
eigentliche Ziel der Nutzung des Instruments „Marktwirtschaft“ besteht jedoch darin, im Bereich
der Allokation einen möglichst präferenzgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und
Dienstleistungen zu erreichen und im Bereich der (Re-)Distribution eine möglichst gerechte
Verteilung von Einkommen (und Vermögenswerten). Sowohl die Prozesse, unter denen die
Allokation und die (Re-)Distribution stattfinden, wie auch die Ergebnisse dieser beiden Bereiche
werden von den Bürgern unter Gerechtigkeitsaspekten beurteilt.

Eine inpiduelle Vorstellung von Gerechtigkeit stellt eine Soll-Konzeption dar. Die Beurteilung
einer konkreten Situation beziehungsweise einer konkreten Ordnungsform erfolgt eines Soll-Ist-
Abgleichs der subjektiven Realität mit der inpiduellen Gerechtigkeitsvorstellung. Entspricht die
subjektive Realität der eigenen Gerechtigkeitsvorstellung, so ist das Inpiduum mit der Situation
zufrieden (und fühlt sich wohl). Treten hingegen in der Realität Abweichungen von der eigenen
Gerechtigkeitsvorstellung auf, so entstehen ‚Störgefühle’. Die betrachtete Situation (im hierzu
untersuchenden Fall die Wirtschaftsordnung) wird als ungerecht empfunden.

Wenn eine Wirtschaftsordnung (in Bezug auf ihre Prozesse und/oder ihre Ergebnisse) als
ungerecht empfunden wird, stellt sich die Frage, wie die Konsumenten und die Produzenten in
dieser Wirtschaftsordnung mit ihrem ‚Störgefühl“ umgehen.

Generell gilt, dass die Akzeptanz der formellen Regeln (d.h. auch der Wirtschaftsordnung selbst)
sinken wird. Daher besteht die Gefahr, dass das Potenzial der Regeln in Bezug auf die
Realisation von Kooperationsvorteilen nicht genutzt wird. Als Reaktionsmöglichkeiten stehen
den Gesellschaftsmitgliedern theoretisch drei Alternativen zur Verfügung: Zum einen können sie
versuchen über den Mechanismus „Voice“ einen anderen Regelanbieter (d.h. eine andere
Regierung) im eigenen Land zu wählen. Damit erfolgt eine unmittelbare Rückkopplung von der
Unzufriedenheit mit der Wirtschaftsordnung zum politischen Sektor. Die zweite Alternative
besteht darin, über den Mechanismus „Exit“ einen anderen Regelanbietern in einem anderen
Land zu wählen. Hier erfolgt – über den internationalen Standortwettbewerb und die damit




                                                19
                   Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
        Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007
verbunden Anreize für die Regierungen – eine mittelbare Rückkopplung zum politischen
Sektor.31 Die dritte Möglichkeit beinhaltet wiederum den Verbleib im eigenen Land. Hier können
die betroffenen die von ihnen nicht akzeptierten formellen Regeln substituieren und auf andere
Regeln für potentielle Kooperationen zurückzugreifen. Diese Regeln werden typischerweise im
Bereich der informellen Institutionen zu finden sein.

Fehlt die Akzeptanz der formalen Regeln so können sich (im Rahmen von Lernprozessen)
andere Verhaltensmuster und neue (informelle) Regeln herausbilden. Diese informellen Regeln
stabilisieren Kooperationen, indem sie etwa Vertrauen, das in den formellen Regelrahmen nicht
besteht, durch Vertrauen in die jeweiligen Kooperationspartner substituieren. Diese Art von
Stabilisierung ist kennzeichnend für das so genannte Sozialkapital in Kollektiven (z.B. Coleman,
1993; Durlauf/Fafchamps, 2005).

Das zentrale Problem, das es dabei zu lösen gilt, ist die Tatsache, dass, obwohl den informellen
Regeln  eine  Bedeutung   für   den    wirtschaftlichen  Erfolg  zugesprochen  wird,  ihre
Operationalisierung bislang wenig überzeugend und beliebig gewählt wurde (vgl. Oelgart 2006).
Ein schwieriges methodisches Problem wird sein, die relevanten Variablen zu isolieren und
separat von den korrespondierenden Daten zu analysieren. Oelgart (2006) hat die Variablen der
Kultur  und   des  Sozialkapitals    in   einen  Zusammenhang    gebracht.  Bestimmte
(marktwirtschaftliche) Einstellungen werden als Determinanten des Sozialkapitals, hier
verstanden als generalisiertes Vertrauen, aufgefasst und ihre unmittelbare Beziehung zur
wirtschaftlichen Performance betont.32

Die Auswirkungen eines als ungerecht empfundenen Wirtschaftssystems gehen über die
unmittelbaren Reaktionen, die gerade skizziert wurden, hinaus. Durch die Nutzung von Exit und
Voice sowie durch die Substitution von formellen durch informelle Regeln erfolgt eine
Destabilisierung des ursprünglichen marktwirtschaftlichen Systems. In der Folge ist eine
Verschlechterung der wirtschaftlichen Entwicklung (zumindest was die offiziellen Statistiken
angeht) zu erwarten. Darüber hinaus kann es auch zu einer Destabilisierung des politischen
Systems kommen, wenn die Unzufriedenheit mit dem Wirtschaftssystem auch auf das politische
System abfärbt.

Im Mittelpunkt dieses institutionenökonomischen Projekts stehen folglich die Arbeitshypothesen,
dass( Un)Gerechtigkeitsvorstellungen sich (a) insbesondere in informellen Institutionen



31
 Zu den beiden Sanktionsmechanismen ‚Exit’ und ‚Voice’ vgl. grundlegend Hirschman (1970).
32
 Die Frage nach den Einflussfaktoren allgemeinen Vertrauens wurde bereits in den Ausführungen von
Zak/Knack (2001) thematisiert, einen empirischen Nachweis führt Oelgart (2006).
                                                    20
                 Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
       Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007
niederschlagen, (b) über diesen Transmissionsweg die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes
(oder einer Region) beeinflussen und (c) Rückwirkungen auf die politische Stabilität eines
Landes haben. Das Arbeitsprogramm umfasst daher fünf Schritte.

Der erste Schritt besteht darin, eine systematische Auswertung der vorhandenen Literatur in
Form einer Meta-Analyse durchzuführen. Dazu gehören insbesondere empirische Analysen, die
den Zusammenhang von (a) Institutionen, politischer Stabilität und wirtschaftlicher Entwicklung
sowie (b) von Sozialkapital, politischer Stabilität und wirtschaftlicher Entwicklung untersuchen.
Diese Ergebnisse dienen als Referenz für die eigenen, nachfolgend durchzuführenden
Untersuchungen.

Im zweiten Schritt erfolgt die theoretische Entwicklung einer Modellstruktur, mit der der Einfluss
von Gerechtigkeitsvorstellungen, die kulturell, ethnisch und/oder religiös geprägt sein können,
insbesondere auf die informellen Institutionen einer Gesellschaft (z.B. Sitten und Gebräuche als
Verhaltensmuster) abgebildet werden kann. Dabei spielt die Frage des Vertrauens in die
formellen Institutionen (wie etwas Gesetze und die Wirtschaftsordnung) eine wichtige Rolle. Ist
dieses Vertrauen gering, so können die Inpiduen als stabilisierendes Substitut im jeweiligen
Kollektiv adäquate informelle Institutionen und entsprechende inpiduelle Verhaltensmuster
entwickeln. Dem Vertrauen in formelle Institutionen wird im Rahmen der Sozialkapitalforschung
eine produktive Wirkung unterstellt. Ob die formellen Institutionen als gerecht empfunden
werden, sollte sich daher auf die politische Stabilität und die wirtschaftliche Entwicklung
auswirken.

Um diese Hypothesen zu überprüfen werden im dritten Arbeitsschritt des Projekts empirische
Daten zu den Gerechtigkeitseinstellungen der Bevölkerung sowie der daraus resultierenden
Gerechtigkeitsbeurteilung  marktwirtschaftlicher  Systeme   gesammelt   und    systematisch
aufbereitet. Zu den relevanten Quellen zählen dabei der World Values Survey, der European
Values Survey, die Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften sowie das
Sozioökonomische Panel. Auf Basis dieser vorhandener Daten aus nationalen und
internationalen Befragungen werden eigene empirische Analysen durchgeführt. Es wird geprüft
(Schritt 4) , ob die in diesen Umfragen zu findenden Daten zu Gerechtigkeitsvorstellungen, zum
Vertrauen in formelle Institutionen sowie zu Ausprägungen des Sozialkapitals einen Einfluss auf
die politische Stabilität und die wirtschaftliche Entwicklung in den betrachteten Ländern haben.
Der letzte Schritt beinhaltet die Dissemination der Forschungsergebnisse.


Arbeitspakete


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                 Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
       Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007
AP 1: Literaturauswertung

Um den aktuellsten Stand der Forschung zum Ausgangspunkt des vorliegenden Projekts zu
machen, muss zunächst eine systematische Metaanalyse der vorhandenen theoretischen und
empirischen Analysen zu den oben skizzierten Punkten erfolgen. Dabei sollen aus der
allgemeinen Literatur diejenigen Ergebnisse herausgefiltert werden, die für die hierzu
bearbeitende Fragestellung relevant ist.



AP 2: Modellentwicklung und Ableitung testbarer Hypothesen

Um zu testbaren Hypothesen zu gelangen, muss in einem ersten Teil die theoretische
Entwicklung einer Modellstruktur erfolgen, mit der der Einfluss von Gerechtigkeitsvorstellungen,
die kulturell, ethnisch und/oder religiös geprägt sein können, insbesondere auf die informellen
Institutionen einer Gesellschaft (z.B. Sitten und Gebräuche als Verhaltensmuster) abgebildet
werden kann. Ob die formellen Institutionen als gerecht empfunden werden, sollte sich daher
ebenfalls auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken. Basierend auf der im AP 1 verfolgten
Aufarbeitung des Forschungsstandes der Sozialkapitalforschung wird ein Entwicklungsmodell
mit dem Ziel konstruiert, die Abhängigkeit zwischen Gerechtigkeitsvorstellungen und der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu ermitteln. Auf der Basis des theoretischen Modells werden
dann testbarer Hypothesen zu den vermuteten Zusammenhängen abgeleitet.



AP 3: Datensammlung und -aufbereitung

Um die Invalidität dieser Hypothesen zu testen, sollen empirische Analysen für Deutschland
allein und für Deutschland im Vergleich zu ausgewählten Ländern erfolgen. Die dazu
notwendigen Daten (z.B. zu den Gerechtigkeitsvorstellungen und der Akzeptanz des
marktwirtschaftlichen Systems) sollen in erster Linie aus bereits vorhandenen Quellen extrahiert
werden. Zu den relevanten Quellen zählen dabei für die deutsche Untersuchung in erster Linie
die Allgemeine Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS), dort insbesondere
das IPSS, sowie das Sozioökonomische Panel (SOEP). Für den internationalen Vergleich
kommen als Datenquellen insbesondere der World Values Survey sowie der European Values
Survey in Frage.

AP 4: Empirische Analyse

Die zu untersuchende Fragestellung greift eine ähnliche Thematik auf, wie die aktuelle
theoretische und empirische Forschung im Bereich des Sozialkapitals. Daher sind insbesondere

                                               22
                 Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
       Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007
die empirischen Methoden der Sozialkapitalforschung (Durlauf/Fafchamps, 2005) als
Referenztools für die Untersuchung heranzuziehen. Aus der Vielzahl der vorhandenen Daten
sollen mithilfe von Faktoranalysen die relevanten Daten ermittelt werden. Die Untersuchung für
Deutschland erfolgt in Form einer Längsschnittsanalyse; die international vergleichende Analyse
wird als Querschnittsanalyse durchgeführt. Es wird geprüft, ob die in diesen Umfragen zu
findenden Daten zu Gerechtigkeitsvorstellungen, zum Vertrauen in formelle Institutionen sowie
zu Ausprägungen des Sozialkapitals einen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung und die
Stabilität des politischen Systems in den betrachteten Ländern haben.

An dieser Stelle soll die empirische Überprüfung der im vorher entwickelten ökonomischen
Modell enthaltenen Determinanten auf die Wachstumsraten erfolgen. Dabei soll zum einen
geprüft werden, ob sich die Gerechtigkeitsvorstellungen in Deutschland im Laufe der Zeit
verändert haben und ob sich diese Veränderungen auf die wirtschaftlichen Kennziffern
(Wachstumsraten, Arbeitslosenquoten, etc.) ausgewirkt hatten. Darüber hinaus soll geprüft
werden, ob das Gerechtigkeitsempfinden in Bezug auf marktwirtschaftliche Institutionen in
unterschiedlichen Ländern unterschiedlich ausgeprägt ist und ob sich dies wiederum auf die
wirtschaftlichen Kennziffern der unterschiedlichen Länder auswirkt.



AP 5: Dissemination

Das Gesamtergebnis des Projekts soll in Form einer Dissertation veröffentlicht werden. Um eine
zeitnahe wissenschaftliche Diskussion der in den Arbeitspaketen 1 bis 4 erzielten Ergebnisse zu
gewährleisten, sollen die Ergebnisse jedes Pakets zunächst in Form von Diskussionspapieren
festgehalten werden. Die einzelnen Papiere sollen zur Veröffentlichung in restaurierten
Zeitschriften aufbereitet werden, um so auch ein eventuell eine kumulative Promotion zu
ermöglichen. Darüber hinaus sollen die jeweils erzielten Ergebnisse aus den einzelnen
Arbeitspaketen auf passenden (internationalen) wissenschaftlichen Konferenzen präsentiert
werden.




                                               23
                            Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
                  Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007


Arbeitsplan


                   4. Qu. 07  1. Qu. 08  2. Qu. 08  3. Qu. 08  4. Qu. 08  1. Qu. 09  2. Qu. 09  3. Qu. 09

   AP 1: Literaturauswertung /
      Metaanalyse

   AP 2: Modellentwicklung
      und Ableitung test-
      barer Hypothesen

   AP 3: Datensammlung und
      -aufbereitung

   AP 4: Empirische Analyse

   AP 5: Dissemination




Meilensteine
Literaturreview, Modellformulierung (mit Veröffentlichung), Hypothesenableitung, Empirische Analyse (mit Veröffentlichung),
Projekttreffen, Monographie




                                                                    24
                  Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
        Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007



4. Beantragte Mittel


4.1    Personalkosten
   a) 1/2 MitarbeiterIn BAT IIa für 24 Monate

   b) Wissenschaftliche Hilfskraft (mit Abschluss) für 24 Monate mit der monatlichen
     Stundenzahl von 20 zur Unterstützung bei der Literaturrecherche und -beschaffung,
     Datensammlung und -aufbereitung sowie bei der Projektkommunikation

   c) Studentische Hilfskräfte (ohne Abschluss) für 24 Monate mit der monatlichen
     Stundenzahl von 20 zur Durchführung und Unterstützung bei der Dateneingabe und -
     auswertung.


4.2    Wissenschaftliche Geräte
a)    Es werden keine Geräte benötigt, deren Anschaffungskosten über 10.000,- € liegen.

b)    Wissenschaftliche Geräte unter 10.000,-€:

Handelsübliches Notebook zur Unterstützung der Erhebungen             1.400,-€
Verschiedene Kleingeräte (Softwarelizenzen, Computerperipherie)          2.000,-€
Summe                                       3.400,-€

4.3    Verbrauchsmaterial

Allgemeine Verbrauchskosten                            1.000,-€

4.4    Reisen

Projekttreffen Lahr-Freiburg-Duisburg                       1.000,-€
Pro Jahr und wiss. MitarbeiterIn zwei Kongress/Tagungsreisen            4.000,-€
(national/international) – ca. 2.000 ,-€

Summe                                       5.000,-€

4.5    Publikationskosten

Pro Jahr je 750.- € Publikationskosten:                      1.500,-€

4.6    Sonstige Kosten

Kosten für Datenbeschaffung (Lizenzen, Datenbankenzugang):             1.000,-€


                                                25
                  Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
       Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007


5. Voraussetzungen für die Durchführung des Vorhabens


5.1    Zusammensetzung der Arbeitsgruppe
Prof. Dr. Dirk Sauerland

Dipl.-Ökonomin Eva Ludwig

Dipl.-Volkswirt Ansgar Wübker

alle Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre / Institutionenökonomik
an der WHL Wissenschaftliche Hochschule Lahr


5.2    Zusammenarbeit mit anderen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern

Projektverbund „Marktwirtschaft und Gerechtigkeit“
Prof. Dr. Viktor Vanberg, Universität Freiburg

Prof. Dr. Gisela Riescher, Universität Freiburg

Priv. -Doz. Dr. Ulrich Eith, , Universität Freiburg

Prof. Dr. Hans-Helmut Gander, Universität Freiburg

Prof. Dr. Stefan Liebig, Universität Duisburg-Essen

Prof. Dr. Günther Seeber, WHL Wissenschaftliche Hochschule Lahr




Teilprojekt „Institutionenökonomik“ assoziierte Experten

Prof. Dr. Martin Leschke, Universität Bayreuth

Priv. -Doz. Dr. Andre Jungmittag, Universität Wuppertal




5.3    Arbeiten im Ausland und Kooperation mit Partnern im Ausland
Bisher nicht vorgesehen




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                 Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
       Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007


5.4   Apparative Ausstattung
Die WHL Wissenschaftliche Hochschule Lahr verfügt über die übliche Ausstattung einer
Universität im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung. Diese können im Rahmen des
Projekts genutzt werden.


5.5   Laufende Mittel für Sachausgaben
Dem Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre stehen im Rahmen der Budgetvorgaben ausreichend
Mittel für die laufenden Sachausgaben zur Verfügung.


5.6   Interessenkonflikte bei wirtschaftlichen Aktivitäten
Es bestehen keine Interessenkonflikte


5.7   Sonstige Voraussetzungen


6. Erklärungen
"Ein Antrag auf Finanzierung dieses Vorhabens wurde bei keiner anderen Stelle eingereicht.
Wenn ich einen solchen Antrag stelle, werde ich die Deutsche Forschungsgemeinschaft
unverzüglich benachrichtigen."


7. Unterschrift(en)




Prof. Dr. Dirk Sauerland




8. Verzeichnis der Anlagen
‚Fragebogen für Antragsteller’

Publikationsverzeichnis des Antragestellers

Verwendete Literatur

                       Anlage:

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                 Marktwirtschaft und Gerechtigkeit
       Antragsskizze DFG • Neue Institutionenökonomik, Dirk Sauerland • Mai 2007


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