Uni-Logo
Sie sind hier: Startseite Projekte Anthropologie des Virtuellen
Artikelaktionen

Anthropologie des Virtuellen


Anthropologie des Virtuellen
 
Interdisziplinäre Zugänge zur Virtualisierung der Lebenswelt
 
(Husserl-Archiv Freiburg / Klinik für Allgemeine Psychiatrie, Univ. Heidelberg / Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft, Berlin)
 
 
Projektleitung: Johanna Sprondel, M.A., Maren Wehrle, M.A., Dr. Thiemo Breyer
 
 
Es ist nicht erst seit den wegweisenden Untersuchungen Friedrich Kittlers (1985, 1986) eine der Grundannahmen der sozialwissenschaftlichen Forschung, dass sozialer und kultureller Wandel einhergehen mit technologischem Wandel. Die Verzahnung von Lebenswelt, ursprünglich konzeptualisiert als Welt „natürlicher“, vorwissenschaftlicher Alltäglichkeit und technischer Errungenschaften, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, ist ein Grundthema der Philosophie des 20. Jahrhunderts (z.B. Husserl 1950, Schütz 1979, Habermas 1981, Berger & Luckmann 1966). Auf der einen Seite stellt die Lebenswelt die Fundierungsebene für zweckrationales Handeln in Wissenschaft und Technik dar, auf der anderen Seite nehmen die Ergebnisse solchen Handelns wiederum Einfluss auf die Strukturierung der Lebenswelt. Die Lebenswelt als “Wirklichkeitsbereich, an dem der Mensch in unausweichlicher, regelmäßiger Wiederkehr teilnimmt” (Schütz 1979, 25), verhält sich, mit anderen Worten, nicht neutral zur Technisierung, sondern wird durch diese beständig modifiziert und hat somit eine genuin mediale Struktur. So entsteht ein Zirkel, in dem sich der menschliche Selbst- und mithin Weltbezug ständig wandelt und mediatisiert. Eine Sonderstellung kommt in dieser Konstellation dem Internet zu. Wie kein anderes Medium prägt es das Verhalten und die Habitualitäten der Menschen in modernen Gesellschaften in einer Weise und in einem Ausmaß, dass hieraus zahlreiche soziale, politische und ethische Herausforderungen erwachsen, sowie auch kreative und emanzipatorische Potentiale freigesetzt werden. Dies verdankt sich, anders als bei anderen technologischen Meilensteilen der Technologisierung, dem Umstand, dass das Internet als eine nahezu ganzheitliche technologische Entwicklung gesehen werden muss, die in einer Dimension Einfluss auf unsere Lebenswelt nimmt, welche über den bloßen Aspekt der direkten Kommunikation im Sinne des “peer to peer” hinausgeht.
Unser Ansatz versteht sich unter diesen Vorzeichen so, dass er primär aus philosophisch-anthropologischer Perspektive nach dem Menschen in Zeiten und Räumen der Virtualität fragt und dabei die Einsichten und Ergebnisse der empirischen Sozial-, Kultur- und Medienwissenschaften sowie ethische, politische und rechtliche Fragestellungen integriert. Zu den Grundthemen des Projekts gehört daher die ideengeschichtliche Frage, wie sich das Menschenbild im virtuellen Zeitalter verändert und wie sich das „virtuelle Menschenbild“ zu überlieferten Entwürfen verhält. Wie kann also die Virtualisierung als Radikalisierung und, paradoxerweise, Materialisierung des menschlichen Grundvermögens zur Selbsttranzendierung theoretisch gefasst werden, wie es etwa von Helmuth Plessner auf die Formel des „utopischen Standpunkts“ bzw. der „exzentrischen Positionalität“ gebracht wurde (Plessner 1928)? Hiermit ist die für das menschliche Selbst- und Weltverhältnis charakteristische Distanz und Herauslösung aus der direkt gegebenen natürlichen Umwelt und damit die Tendenz zur Erschaffung einer „zweiten Natur“ bezeichnet, die intersubjektiv, kommunikativ, symbolisch konstituiert ist. Hieraus ergibt sich die Frage, wie sich dann, unter der Voraussetzung dieses universalen menschlichen Vermögens und seiner Fortschreibung im Internet als potentieller „dritten Natur“, sodann das konkrete Verhalten und die Verständigungsvollzüge des Menschen im Angesicht der Möglichkeiten und Notwendigkeiten virtuellen Handelns verändert. Hier gehen philosophische und empirische Herangehensweise ineinander über und ergänzen sich wechselseitig. Im Projekt werden deshalb Experten aus den unterschiedlichen Fachbereichen, die sich mit Phänomenen der Virtualität und des Internet befassen, im inter- und transdis-ziplinären Dialog zusammengebracht.
 
 
Veranstaltungen
 
 
 
Publikationen
 
Sprondel, J., Breyer, T. & Wehrle, M. (2011). CyberAnthropology – Being Human on the Internet. SSRN 10: http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1943399
 




 
« April 2024 »
April
MoDiMiDoFrSaSo
1234567
891011121314
15161718192021
22232425262728
2930
Benutzerspezifische Werkzeuge